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sehr kluger und erfahrener Mann, und er würde wie kein
anderer geeignet sein, meiner Frau zur Seite zu stehen,
wenn es sich als notwendig erweisen sollte, daß sie von
unserem Verdacht unterrichtet würde. Wir wollten es auch
von seinem Rat abhängig machen, ob wir uns an die
Polizei wenden wollten oder nicht.»
«Erstaunlich!» sagte Curry.
«Gulbrandsen verließ uns nach dem Dinner, weil er an
Dr. Galbraith schreiben wollte. Er war auch gerade dabei,
einen Brief mit der Maschine zu schreiben, als er
erschossen wurde.»
«Wie können Sie das wissen?»
Lewis antwortete ruhig:
«Ich weiß es, weil ich den Brief aus der Schreibma-
schine entfernt habe. Ich habe ihn hier bei mir.»
Er zog aus seiner Brusttasche einen zusammengefalteten
Bogen mit Maschinenschrift und reichte ihn Curry.
Dieser sagte scharf:
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«Das hätten Sie nicht tun dürfen.»
«Ich habe sonst nichts angerührt. Und ich weiß, wie Sie
die Dinge sehen müssen, war es unverzeihlich von mir,
daß ich den Brief an mich genommen habe. Aber ich hatte
einen sehr starken Beweggrund. Ich war sicher, meine
Frau würde sich nicht abhalten lassen, in das Zimmer zu
kommen, und ich fürchtete, sie würde etwas von dem, was
hier geschrieben steht, lesen. Ich gebe zu, daß ich im
Unrecht bin, aber ich fürchte, ich würde genauso handeln,
wenn ich wieder in eine solche Lage käme. Ich wollte
alles, aber auch alles tun, um zu verhindern, daß der
Seelenfrieden meiner Frau gestört würde.»
Inspektor Curry sagte für den Augenblick nichts weiter.
Er las den mit der Maschine geschriebenen Brief.
«Lieber Dr. Galbraith. Wenn es Ihnen irgend möglich ist,
bitte ich Sie, nach Erhalt dieses Schreibens sofort nach
Stonygates zu kommen. Ich befinde mich in einer äußerst
schwierigen Lage und weiß nicht, wie ich mich verhalten
soll. Ich weiß, wie sehr Sie an unserer lieben Carrie Louise
hängen und wie groß Ihr Schmerz sein würde, wenn Sie
erführen, daß ihr etwas zugestoßen ist. Wieviel muß man
ihr sagen und wieviel kann man ihr verheimlichen? Das
sind Fragen, die zu beantworten, mir sehr schwer fällt. Um
deutlich zu sein. Ich habe Grund zu glauben, daß unsere
liebe und unschuldige Carrie Louise langsam vergiftet
wird. Zum erstenmal schöpfte ich Verdacht, als  »
Hier brach der Brief ab.
Curry sagte:
«Und als Mr. Gulbrandsen so weit gekommen war,
wurde er erschossen?»
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«Ja.»
«Aber warum, um alles in der Welt, blieb dieser Brief in
der Schreibmaschine?»
«Ich könnte mir nur zwei Gründe denken. Entweder
hatte der Mörder keine Ahnung, an wen Gulbrandsen
schrieb und wovon sein Brief handelte. Oder er hat nicht
Zeit genug gehabt.
Vielleicht hörte er jemand kommen und konnte nur noch
unbemerkt verschwinden.»
«Und Gulbrandsen deutete mit keiner Silbe an, wen er
im Verdacht hatte  vorausgesetzt, sein Verdacht richtete
sich auf eine bestimmte Person?»
Nach kurzem Zögern antwortete Lewis Serrocold:
«Nein, er hat keine Andeutung gemacht. Er wird sich
gescheut haben, einen Verdacht zu äußern, für den er
keine Beweise hatte, denn er war ein sehr gerecht denken-
der Mensch.»
«Auf welche Weise, glauben Sie, wurde das Gift, ob es
nun Arsenik oder etwas anderes war, Ihrer Gattin
zugeführt?»
«Ich habe darüber nachgedacht, während ich mich zum
Dinner umzog. Das wahrscheinlichste schien mir, daß
dazu die Medizin  es handelt sich um ein Stärkungsmittel
 die meine Frau zu nehmen pflegt, benutzt wurde. Das
Essen eignete sich nicht dazu, weil wir alle von denselben
Gerichten essen und nichts für meine Frau besonders
zubereitet wird. Jeder aber hatte die Möglichkeit, Arsenik
in die Medizinflasche zu tun.»
«Wir müssen die Medizin analysieren lassen.»
Lewis sagte ruhig:
«Ich habe heute abend vor dem Dinner eine Probe ent-
nommen.»
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Er holte aus seiner Schreibtischschublade eine kleine,
mit einem Korken verschlossene Flasche hervor, die eine
hellrote Flüssigkeit enthielt.
Inspektor Curry sagte, Mr. Serrocold einen sonderbaren
Blick zuwerfend:
«Sie denken aber wirklich an alles, Mr. Serrocold.»
«Ich bin für schnelles Handeln. Heute abend hinderte ich
meine Frau, ihre gewohnte Dosis zu nehmen. Sie befindet
sich noch immer in einem Glase auf einem kleinen Tisch
in der Halle.
Die Flasche mit dem Stärkungsmittel befindet sich im
Speisezimmer.»
Curry beugte sich vor. Er dämpfte seine Stimme und
sagte vertraulich, jeden Amtston vermeidend:
«Entschuldigen Sie, Mr. Serrocold, aber weshalb liegt
Ihnen denn soviel daran, dies alles vor Ihrer Gemahlin
geheimzuhalten? Es wäre doch sicherlich für sie das beste,
wenn man sie warnte.»
«Gewiß, das mag wohl so sein. Aber ich glaube, Sie
verstehen die Sachlage nicht ganz. Das ist auch nicht
leicht, wenn man meine Frau nicht kennt. Caroline ist eine
Idealistin, Herr Inspektor. Sie ist ein Mensch, die keinen
Argwohn kennt und jedem vertraut. Von ihr kann man
wirklich sagen, sie sieht nichts Böses, sie hört nichts
Böses und sie spricht nichts Böses.
Sie würde es einfach nicht begreifen, wenn man ihr sag-
te, jemand wolle sie töten. Aber wir müssen noch weiter
gehen. Als Täter kommt nicht ein Irgendjemand in Be-
tracht. Es muß sich - Sie werden das selbst sehen - um
jemand handeln, der ihr vielleicht sehr nahe steht und ihr
teuer ist & »
«Das also glauben Sie?»
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«Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. In unserer
Nähe befinden sich über zweihundert junge Menschen, die
oft bewiesen haben, daß sie einer rohen und sinnlosen
Gewaltsamkeit fähig sind. Von ihnen aber kann keiner als
Täter in Betracht kommen. Langsam vergiften kann nur
jemand, der im engeren Kreis der Familie lebt. Und nun
denken Sie an die Menschen hier im Hause. Es sind, ihr
Gatte, ihre Tochter, ihre Enkelin, der Mann ihrer Enkelin,
ihr Stiefsohn, den sie als ihren eigenen Sohn ansieht, Miss
Believer, ihre ergebene Gefährtin und Freundin seit vielen
Jahren. Sie alle stehen ihr sehr nahe, und sie alle sind ihr
teuer. Und doch erhebt sich der Verdacht, ist es einer von
ihnen?»
Inspektor Curry sagte langsam:
«Es gibt auch noch Außenstehende  »
«Ja, in gewissem Sinne. Da ist Dr. Maverick. Und da
sind zwei Herren, die im Institut tätig sind und oft bei uns
weilen, und da sind die Bedienten  aber was für ein
denkbares Motiv könnten sie wohl haben?»
Inspektor Curry sagte:
«Und da ist auch dieser junge Mensch  wie heißt er
gleich?  dieser Edgar Lawson?»
«Ja. Das ist richtig. Aber er ist erst seit ganz kurzer Zeit
im Hause. Und er besitzt kein denkbares Motiv. Außerdem
hängt er sehr an Caroline  wie jeder andere.»
«Aber er ist unausgeglichen. Wie war das doch mit sei-
nem Angriff auf Sie heute abend?»
Serrocold machte eine ungeduldige Gebärde.
«Es war die reine Kinderei. Er hatte nicht die Absicht,
mir ein Leid anzutun.»
«Und die beiden Kugellöcher in der Wand? Er hat doch
auf Sie geschossen, nicht wahr?»
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«Aber er hatte mich nicht treffen wollen. Er spielte
Theater. Weiter nichts.»
«Das ist eine ziemlich gefährliche Art, Theater zu
spielen, Mr. Serrocold.»
«Sie verstehen das nicht. Sprechen Sie einmal mit
unserem Psychiater Dr. Maverick. Edgar ist ein un-
eheliches Kind. Er sucht sich über die Tatsache, daß er
keinen Vater besitzt und aus niedrigen Verhältnissen
stammt, hinwegzutrösten, indem er sich selber vormacht,
er sei der Sohn eines berühmten Mannes. Glauben Sie mir,
das ist ein sehr bekanntes Phänomen. Er war im Begriff,
sich zu bessern. Sehr sogar. Aber da hatte er aus
irgendeinem Grunde einen Rückfall. Er wollte plötzlich in
mir seinen «Vater» sehen und machte einen melo-
dramatischen Angriff auf mich. Er schwenkte einen
Revolver und stieß Drohungen aus. Ich war nicht die Spur
beunruhigt. Als er schließlich zwei Schüsse abgegeben
hatte, brach er zusammen, und Dr. Maverick mußte ihn
fortführen und ihm ein Beruhigungsmittel geben. Morgen
früh wird er wahrscheinlich wieder ganz normal sein.»
«Wollen Sie keine Anklage gegen ihn erheben?»
«Das wäre das Schlimmste, was man tun könnte  für
ihn, meine ich.» [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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