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aber ich weiß, daß es so war. Und weil Joe bei allen beliebt
war, mußten sie mich wenigstens tolerieren. Ich will nicht
sagen, daß ich Joe McKennedy verehrte, aber es grenzte
nahe daran. Er war so etwas wie mein Glücksbringer.
Da waren wir also, und wir spazierten dahin und
kauten unseren Black Jack, als plötzlich eine Hand auf
meine Schulter donnerte wie ein Knallfrosch. Ich ver-
schluckte fast meinen Kaugummi. Ich stolperte, wandte
mich um, und da war Dicky Cable.
Dicky war ein gedrungener Junge, der mich immer
irgendwie an einen Rasenmäher erinnerte, an ein großes
Briggs & Stratton-Modell mit Choke. Wenn er breit grin-
ste, zeigte er große, weiße Zähne, die zusammenpaßten
wie zwei Reihen Zahnräder. Seine Zähne schienen zwi-
schen den Lippen zu knirschen und zu dampfen wie
rotierende Klingen einer Mähmaschine, die sich so schnell
bewegen, daß sie scheinbar stillstehen. Er sah aus, als
verspeise er Polizisten zum Abendessen. Das hätte ich mir
jedenfalls vorstellen können.
»Kanonensohn, du siehst aber geschniegelt aus!« Er
zwinkerte Joe zu. »Kanonensohn, du siehst feiner aus als
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Eulenscheiße!« Rumms! Wieder ein Schlag auf die Schulter.
Ich fühlte mich sehr klein. So um die drei Zoll, schätze ich.
Ich fürchtete mich vor ihm - ich glaube, ich hatte eine
schwache Ahnung, daß ich an diesem Tag noch mit ihm
kämpfen mußte oder kneifen und daß ich vermutlich
kneifen würde.
»Brich mir nicht das Kreuz, okay?« sagte ich. Doch er
gab keine Ruhe. Er stänkerte und stichelte, bis wir bei
Carols Haus waren. Als wir eintraten, war ich auf das
Schlimmste gefaßt. Niemand war fein angezogen. Carol
stand inmitten anderer Besucher, und sie sah wirklich
wunderschön aus.
Es schmerzte. Sie sah schön und leger aus, eine Spur
von Reife über der gerade beginnenden Pubertät. Sie
weinte vermutlich immer noch und bekam Wutanfälle
und schloß sich im Badezimmer ein. Sie hörte wahrschein-
lich immer noch Platten der Beatles und hatte ein Foto von
David Cassidy, der in diesem Jahr der Renner war, in die
Ecke ihres Frisierspiegels gesteckt, doch davon war ihr
nichts anzusehen. Und die Tatsache, daß davon nichts zu
bemerken war, schmerzte mich und gab mir das Gefühl,
klein zu sein. Sie hatte ein rostfarbenes Band im Haar. Sie
wirkte wie fünfzehn oder sechzehn und hatte vorne be-
reits Hügel unter dem braunen Kleid. Carol lachte mit
einer Gruppe von Kindern und gestikulierte.
Dicky und }oe gingen hinüber und überreichten ihre
Geschenke, und Carol lachte und nickte und bedankte
sich, und mein Gott, sah sie schön aus.
Ich beschloß, nach Hause zu gehen. Ich wollte nicht,
daß sie mich mit meiner Samtschleife und dem Kordsamt-
anzug mit den kleinen Messingknöpfen sah. Ich wollte sie
nicht mit Dicky Cable reden sehen, der auf mich wirkte
wie ein menschlicher Rasenmäher, den Carol jedoch an-
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scheinend für ziemlich gutaussehend hielt. Ich stellte mir
vor, daß ich mich davonstehlen konnte, bevor mich je-
mand genau ansehen konnte. Ich hatte einen Dollar in der
Tasche, den mir Mrs. Katzentz gegeben hatte, weil ich am
Vortag in ihrem Blumengarten Unkraut gejätet hatte, und
ich konnte per Anhalter nach Brunswick fahren und ins
Kino gehen, um im dunklen Kino mit meinem Selbstmit-
leid fertig zu werden.
Bevor ich jedoch bei der Tür war, entdeckte mich Mrs.
Granger.
Das war nicht mein Tag. Man stelle sich einen Falten-
rock und eine dieser durchsichtigen Chiffonblusen an
einem Sherman-Panzer vor. Ein Sherman-Panzer mit
zwei Gefechtstürmen. Ihr Haar wirkte wie von einem
Hurrikan zerzaust, eine Tolle nach links, eine nach rechts,
und beide wurden irgendwie mit einer knallgelben Satin-
schleife zusammengehalten.
»Charlie Decker!« rief sie schrill und breitete die Arme
aus, die wie Brotlaibe wirkten. Große Laibe. Fast wäre ich
in Panik geraten und getürmt. Sie war wie eine Lawine,
die im Begriff ist, loszudonnern. Mrs. Granger war die
Verkörperung sämtlicher Monster, die je geschaffen wur-
den. Chidra, Mothra, Godzilla, Rodan und Tukkan der
Schreckliche, alles in einem, wälzten sich durch das
Wohnzimmer der Grangers auf mich zu. Doch das war
nicht das Schlimme. Das eigentlich Schlimme war, daß
alle mich ansahen - jeder weiß, wovon ich rede.
Sie gab mir einen schmatzenden Kuß auf die Wange
und sagte mit ihrer Schrillstimme: »Sieht er nicht süß aus!«
Und einen schrecklichen Augenblick lang befürchtete ich,
daß sie hinzufügen könnte: »Schöner als Eulenscheiße!«
Nun, ich möchte niemanden, auch mich selbst nicht,
mit allen Einzelheiten quälen. Was hätte das für einen
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Sinn? Die Sache ist klar. Drei Stunden pure Hölle. Dicky
nutzte natürlich jede Gelegenheit, um zu stänkern:
»Sieht er nicht süß aus?« Ein paar der anderen Kinder
kamen zu mir, um zu fragen, wer von meiner Familie
gestorben war.
Joe war der einzige, der zu mir hielt, doch selbst das
war mir ein wenig peinlich. Ich hörte, wie er einigen
Jungen sagte, sie sollten mich in Ruhe lassen, und es
gefiel mir nicht sehr. Es gab mir das Gefühl, der Dorfidiot
zu sein.
Ich glaube, die einzige, die von mir überhaupt keine
Notiz nahm, war Carol. Es hätte mich beunruhigt, wenn
sie zu mir gekommen wäre und mich zum Tanz gebeten
hätte, als man Platten auflegte, doch es störte mich noch
mehr, daß sie es nicht tat. Ich konnte nicht tanzen, aber
es ist der Gedanke, der zählt. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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